Mein Balkon – eine Oase der Entspannung, ein Hort des Friedens und der Meditation für meine Kaffeetasse und mich. Jeden Morgen feuere ich meine rankenden Pflänzchen an, meinen Großstadtfreisitz
in ein Hybrid aus einer neuen Seite des Dschungelbuchs und einer Dornröschenhütte zu verwandeln. Meine sprichwörtliche Geduld steht mir dabei kaum im Weg.
Es ist sehr beschaulich – Lüftchen wehen, Vöglein piepsen, Flugzeuge suchen donnernd ihren Hafen. Kleine, erholsame Momente der Besinnung, bevor ich von drohenden Uhrzeigern gehetzt zum Südbahnhof trabe. Aber noch ist Zeit und ich stelle mir vor, wie nach meinem Urlaub das gesamte
Katernetz von sprießenden Ranken und prächtigen Blüten nur so strotzt und ein wackerer Prinz mit seinem Küchenmesser versucht, mich...
Schreck lass nach! Ein gurrender Joschij im Katerwahn raste vor drei Tagen im Höchsttempo aus dem Wohnzimmer auf den Balkon, sprang über den Balkonstuhl an die Hauswand und krallte sich
eichhörnchenartig die Hauswand bis Oberkante Katernetz hoch (siehe rotes Kreuz in der ersten Illustration - bis hierhin kam der Irre) ... ein bisschen mehr Schwung und Joschij wäre
entkommen und wahrscheinlich in die Tiefe gestürzt. Unberechenbar, das Monster!!!
Soviel zur Idylle am Mittwoch.
Gestern früh um kurz nach 6:00 gesellte sich ein fröhliches Eddie (rothaariges Eichhörnchen) zu mir und (zum Glück! nur) Jurij. Es turnte ca. 50 cm von mir entfernt an der Innenwand des Balkons herum. Jurij guckte sagenhaft blöd und machte... rein gar nix. Panisch vertrieb ich das kleine Tierchen und das war auch gut so, denn Joschij kam mit Killermiene zu allem entschlossen rausgerast und suchte das Eddie. Inspizierte ganz genau die Lücke zwischen Katernetz und Wand und machte Anstalten, sein Rübchen da durch zu schieben, was ich zu verhindern wusste. Sein Blick daraufhin ließ das Blut in meinen Adern gefrieren...
Heute früh hingegen blieb alles friedlich. Eine Herde Gänse machte den Fluchzeugen Konkurrenz und überflog laut schnatternd in einer langen Reihe von 12 – 14 Teilnehmern unternehmungslustig meine Aussicht. Es fasziniert mich immer wieder, wie viele Tiere mitten in Sachsenhausen Südwest mein entstehendes Dschungelbuch mit Leben füllen.
Post scriptum:
Der Prinz mit dem Küchenmesser schnorrt mich regelmäßig um ein paar Blättchen Basilikum an. Ansonsten wären ihm und seinem Liebsten die Mozzarella-Tomaten zum Frühstück nicht bunt genug.