Sonrisa
Die von mir empfundene Uhrzeit liegt bei 3:00 Uhr morgens,
müde vor mich hin gähnend
stapfe ich mit einem schlecht gelaunten Hund durch den Regen,
während meine Seele noch behaglich kuschelnd träumt,
um sich dem kühlen grauen Naß zu entziehen.
Und doch
leuchtet ein Lächeln tief in mir drin,
wärmt und erhellt mich,
findet den Weg in mein Gesicht
und läßt die Augen strahlen .
Zum Frühstück soll ich mal eben auf die Schnelle
eine mißratene Mathearbeit verdauen
und dieses Schmachwerk dann auch noch unterschreiben;
ich denke an die gefährdete Versetzung meines faulen Filius
und muß mit ihm schimpfen,
was schwerfällt -
denn
ein Lächeln
setzt sich auf meine mahnenden Worte
und zieht frech die Mundwinkel nach oben.
Schon wieder viel zu spät
stellt sich mein Auto ganz hinten im Stau an,
graugesichtige Frankfurter auf dem Weg zur Arbeit
verstopfen die Hügelstraße.
Der pakistanische Zeitungsmann auf der großen Kreuzung
bietet im Abgasmief einen Selbstmordanschlag in Israel feil.
Mein Autoradio warnt vor SARS im Flugzeug.
Trotzdem läßt
ein Lächeln
Musik in mir erklingen
und zeichnet die harte Wirklichkeit weich.
Viel zu tun, wenig Lust,
traurige Patientenschicksale,
Krankheit und Tod vor Augen.
Einsamkeit und Trauer der letzten Wochen haben ihre Spuren hinterlassen.
Dennoch
bahnt sich das warme Lächeln seinen Weg zielstrebig durch die Dunkelheit
hilft mir,
anstatt depressiv verstimmt alles nur schwarz zu sehen,
die bunten Farben des Frühlings wahrzunehmen,
ihn zu riechen, auf den Singsang der Vögel zu hören
und mich von der Fröhlichkeit der in den Bäumen hüpfenden Eichhörnchen anstecken zu lassen.
Ich freue mich.
[rv, 30. April 2003]