Schmelztiegel
Sonntag, 02Okt2022
Viel Zeit ist vergangen, aber der Schmelztiegel ist noch immer aktuell, auch wenn ich - wenn überhaupt - nur noch sehr, sehr langsam abnehme und wieder etwas mehr Kohlenhydrate esse als während der Abnehmphase.
Anfang der Woche hatte ich zum wiederholten Male die Schallgrenze von - 60 kg erreicht. OK, der Erfolg war flüchtig, ein hartnäckiges Kilo meinte zu mir zurückkommen zu müssen. So what. Es ist schon verdammt anstrengend, das Gewicht zu halten und nicht in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Mein Schweinehund weiß noch ganz genau, was ihm gut schmeckt und lässt sich nur zu gern damit füttern, wenn er es schafft, mich davon zu überzeugen. Am Freitagabend waren es 200 g Lebkuchen, die uns beiden grandios geschmeckt haben. Da hilft nur noch, so etwas nicht wieder zu kaufen. Es ist und bleibt ein Kampf und manchmal ist es auch ein Krampf mit der vernünftigen Ernährung.
Donnerstag, 10Sep2020
Inzwischen habe ich etwas mehr als 40 kg abgenommen und freue mich sehr darüber. Ende Juli, Anfang August war eine schwierige Zeit. Es tat sich nichts auf der Waage, was mich sehr frustrierte, denn ich hatte nichts falsch gemacht. Dafür aber mein blöder Zwangsgatte Mel(litus) - er meinte, mich mit heftigen Blutzuckerschwankungen bespaßen zu müssen. Nach zu hohen Werten tagsüber ließ er das applizierte Insulin schließlich doch noch verzögert wirken, was zu abendlichen und nächtlichen Unterzuckerungen und dem Zwang, unerwünschte Kohlenhydrate zu verzehren, führte. Leider hat es mit der Scheidung von ihm wieder nicht geklappt und ermorden lässt sich der blöde Typ auch nicht ohne weiteres.
Ich freue mich auch sehr über meine wiedererlangte Beweglichkeit. Es macht mir unglaublich viel Spaß, 20 km mit Herman, meinem guten Rad, in die Firma zu fahren - und wieder zurück. Das hätte ich mir vor einem Jahr nicht träumen lassen. Auch mein kleiner Ausflug nach Mainz und zurück diese Woche war klasse. 80,9 km in 6,5 Stunden mit Pausen... danach war ich zum einen zwar platt und mir tat alles Mögliche und Unmögliche weh, zum anderen war ich aber auch unglaublich stolz, das ohne Probleme mit dem blöden Gatten und irgendwelche dusseligen Unfälle geschafft zu haben.
Neben vielen sehr erfreulichen Feedbacks zu meinem nun nicht mehr ganz "neuen Lebenswandel" gibt es aber auch Reaktionen ganz anderer Art aus nächster Nähe, die mich verletzen. Ich mache das Alles nicht, um andere zu ärgern, auch nicht, um so etwas wie meine moralische Überlegenheit (??? WTF !!!) zu demonstrieren. Sondern ganz allein für mich - weil ich mir auch im fortgeschritteneren Alter ein lebenswertes Dasein wünsche. Ende des letzten Jahres ging es mir richtig, richtig schlecht. Jegliche Art von Bewegung war mir zu anstrengend, wurde teilweise zur Folter. Ich sah mich schon als Pflegefall im Rollstuhl enden. Das wollte ich weder mir noch meiner Umgebung antun. Und setzte mich deshalb intensiv damit auseinander, ob ich mich nun Faulheit, Lethargie und Frustfresserei ergeben möchte...
Es kam dann glücklicherweise anders, siehe ganz unten.
Sicher, ich habe mich im Verlauf dieses Jahres verändert, habe andere Prioritäten gefunden. Gesunde Ernährung und viel Bewegung gehören unbedingt dazu, weil es mir mit ihnen insbesondere auch auf mein Leben mit meinem Zwangsgatten viel besser geht als vorher. Vielleicht ist es dumm von mir zu denken, dass andere das auch so sehen, anstatt sich von mir angegriffen zu fühlen. Das liegt keinesfalls in meiner Absicht. Es ist und bleibt mein Ding, wie ich mein Leben führe. Ich verlange von niemandem, es mir gleich zu tun. Ich missioniere nicht, ich versuche, nicht mit meinen Erfolgen anzugeben. Vielleicht gelingt mir Letzteres nicht immer - manchmal lässt sich meine Freude über Erfolge nicht so einfach verstecken.
Auf jeden Fall werde ich diesen "Schmelztiegel" nicht mehr teilen. Wer das hier liest, tut das auf eigene Verantwortung.
Dienstag, 07Jul2020
Myweaka Self hat sich beleidigt in ihre Ecke zurückgezogen und grummelt mit eingekniffenem Schwanz vor sich hin. Die so überzeugenden riesengroßen braunen Augen meiner Schweinehündin, ihre lethargische Präsenz, die sie mir so gern in den Weg gestellt hatte, wenn ich mich draußen bewegen wollte, die stichhaltigen Argumente, die mich auf's gemütliche Sofa zurückwerfen sollten, wo sie mir von sofort käuflich zu erwerbender Kesesahnetorte vorschwärmte, haben es nicht geschafft, mich aus meinem Schmelztiegel herauszuholen.
Yippieh! Vor genau einem halben Jahr habe ich mit Low Carb und viel Bewegung angefangen. Und bin noch immer dabei. Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich habe seit dem 07. Januar 2020 insgesamt 33 kg abgenommen und sehr viel Beweglichkeit und Muskeln dazugewonnen...
Ich freue mich total und hoffe, dass ich es auch weiterhin schaffe, auch wenn meine Waage sich seit einer Woche weigert, niedrigere Zahlen anzuzeigen.
Karfreitag, 10Apr2020 - 3. Durchgang, Woche 2, Tag 4
Mein Schmelztiegel brodelt weiter vor sich hin. Mal mehr, mal weniger erfolgreich, aber die Tendenz ist und bleibt erfreulich. Auf der Waage möchte jede neue sprich kleinere Zahl vor dem Komma mühsam erobert werden. Zunächst überrascht sie mich keck, ich freue mich riesig, um am nächsten Morgen diesem Triumph zum Trotz wieder mindestens ein Pfund mehr zu wiegen. Es dauert, bis sich so eine neue Zahl endlich etabliert. Fast immer ist es ein sehr harter Kampf, sie zu behaupten und darauf zu warten, bis auch sie eines Tages von einer wiederum niedrigeren Zahl vor dem Komma abgelöst wird. Heute früh um kurz vor 06:00 Uhr war ein richtig großer Meilenstein erreicht - 20 kg weniger. Wahnsinn, eigentlich, aber ich konnte mich so gar nicht darüber freuen, weil ich vor Schmerzen kaum auf die Waage steigen konnte. Diese Schmerzen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit meinen Trollferden...
Corona sei Dank war ich schon seit Wochen nicht mehr am Mainufer, weil dort nach Feierabend und am Wochenende viel zu viele Menschen unterwegs sind, die ich unbedingt meiden möchte. Und das wegen des blöden Typen Mellitus = Vorerkrankung auch muss.
Darum hatte ich am Dienstag ein Rendezvous mit dem Sonnenaufgang am Main.
07:00 auf dem Eisernen Steg. Mit "Trollferd" im Ohr, einem berührenden Song von Kari Rueslåtten, einer norwegischen Sängerin. Trollferd bedeutet Trollpfad... auf solchen pflege ich zu wandeln.
Eine halbe Stunde später...Trollferd, jawull. Einer dieser Pennertrolle hat irgendein Stolperdinx in Sachsenhausen verloren, das mir nach dem wunderschönen Sonnenaufgang dummerweise auf dem Rückweg zum Verhängnis wurde. Das kleine Nachtlicht hat mal wieder draußen gespielt. Opfer dieser Troll-Inszenierung: Linkes Knie, rechter Ellenbogen (Kollision mit Bordstein) und irgendein Rippennerv oder -muskel rechts, der seitdem ständig meint, stechen zu müssen. Ich konnte fluchend wieder aufstehen, hörte dabei die Stimme einer Frau auf der anderen Straßenseite, die mir helfen wollte - das fand ich lieb. Hab's aber allein geschafft und bin zur neksten Fußgängerampel gehumpelt. Und dann nach Hause gegangen. Ein paar Tränchen habe ich schon verdrückt, aber es war schön, als der Schmerz nachließ...
Bullshit happens. Aber Hauptsache, wieder aufgestanden und weitergelaufen...
Der restliche Dienstag = Arbeitstag war schrecklich, insbesondere die Schmerzen rechts irgendwo zwischen den Rippen. Jeder Atemzug tat weh und ich konnte mich nicht krankmelden, weil viel zu viel zu tun und meine Kollegin im Urlaub war.
Mittwoch wurde es besser und gestern ging es mir schon wieder richtig gut. Bis zur zweiten Nachthälfte... diese war grausam. Ich hatte mich im Bett irgendwie blöd umgedreht und dabei einen vernichtend stechenden Schmerz an der gezerrten/blockierten Stelle zwischen den Rippen rechts verspürt. Irgendwas muss sich da drin zu meinen Ungunsten verschoben haben. Seitdem hat das nicht wieder aufgehört. Ich bin um 05:30 aufgestanden, weil das Liegen nicht auszuhalten war. Kater gefüttert, Kaffee gekocht und sehr viel Ibuprofen eingeworfen, bevor ich auf die Waage geklettert bin und das erfreuliche Ergebnis so gar nicht zu schätzen wusste.
Nach zwei Stunden wurden die Schmerzen erträglicher und ich bin dann vorsichtig raus gegangen. Jede Erschütterung, also jeder Schritt tat weh, aber ich wollte unbedingt länger draußen sein, bevor wiederum Menschenmassen ins Freie strömten. Irgendwann ließen die Beschwerden ein wenig nach und das heute sehr langsame Gehen tat gut, so dass ich schließlich meine große und heute wundervoll einsame Morgenrunde sogar noch auf "meinen" Wald ausweiten konnte - weiterhin in der Hoffnung, dass Bewegung gut tut. Geholfen haben mir auf jeden Fall die wunderschönen Aus- und Einsichten sowie mein Soulfood in den Ohren. Die zumeist leisen, gefühlvollen Klänge haben mich tief berührt. Insbesondere das sehnsuchtsvolle "Gramvousa" des Kreters Nikos Stratakis... Hier in Frankfurt gibt es kein Thalassa (Meer) und Kreta sowie die Halbinsel Gramvousa sind momentan unerreichbar. Das ist traurig - hat aber dennoch etwas Gutes. Diese einsamen und hauptsächlich auf Zuhause und dessen nächste Umgebung beschränkten Corona-Zeiten lehren mich Bescheidenheit und vor allem die Gabe, in meiner unmittelbaren Umgebung neben all der mühsamen Arbeit im Home Office Schönheit und Balsam für die Seele zu finden:
So, 08Mar2020 - 2. Durchgang, Woche 3, Tag 6
Oft ist das Leben viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um im Tagebuch dokumentiert zu werden...
Sehr viel ist passiert, vieles hat sich geändert. Nur eins nicht - ich befinde mich nach wie vor im Schmelztiegel. Inzwischen habe ich 14,5 kg abgenommen und dabei Millionen von Schritten sei Dank diverse Fett- in Muskelzellen umgewandelt. Es ist und bleibt eine Herausforderung, insbesondere, weil mein maroder Kadaver seit ein, zwei Wochen gegen die dauernde Rennerei draußen protestiert. Diverse distale Gelenke, meine Füße sowie ein Oberschenkelmuskel motzen bei jedem Schritt, was momentan den Spaß an der Bewegung draußen trübt. Wenn das nicht besser wird, werde ich auf Herman, mein gutes Ratt, umsteigen - oder meine Kater mit intensiven Theraband-Übungen im Wohnzimmer erheitern. Trotzdem waren es gestern 15733 Schritte, immerhin!
Nach dem ersten sechswöchigen Health Pointe-Durchgang habe ich beschlossen, in Eigenregie weiterzumachen. Die Gruppendynamik ging mir introvertierter Soziopathin gegen den Strich, zumal ich wegen meines Zwangsgatten Mel Litus das Programm ohnehin modifizieren musste. Darüber hinaus werden mir die Amway-Produkte auf Dauer zu teuer, zumal ich noch viele, viele Durchgänge absolvieren muss und dabei nicht jede dieser Nahrungsergänzungen brauche. Wobei mir jedoch klar geworden ist, dass der Körper nur dann sein Fett abgibt, wenn er sich ausreichend bzw. im Überfluss mit Mikronährstoffen (Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiß für die Muskeln) versorgt fühlt und nicht meint, vom Hungertod dahingerafft zu werden. Das leuchtet mir durchaus ein und ist auch sinnvoll, so dass ich das eine oder andere Vitaminchen und auch Eiweiß ergänze.
Ich habe sehr, sehr viel in den ersten sechs Wochen Gruppenteilnahme gelernt und bin dafür überaus dankbar. Darum halte ich mich auch an die Wochenpläne, die (ungeliebten) Eiweiß-Tage dienstags und zu Beginn eines neuen Durchgangs, die zwei Erhaltungswochen, in denen es nach den straffen vier Gewichtsreduktionswochen mehr (Kohlenhydrate) zu essen gibt, weil mich Sinn und Zweck dieses Aufbaus überzeugt haben.
Nach wie vor ist es nicht einfach, alles für meinen Schmelztiegel Notwendige in jeden einzelnen Tag zu integrieren. Kaum habe ich abends 10000+ Schritte absolviert, folgt schon wieder der nächste Tag und der Zähler beginnt von vorn... Die Beschaffung frischer Nahrungsmittel und deren verschärfte Schnippelei kostet viel Zeit und gerade an stressigen Arbeitstagen mit Überstunden möpt mein verhungerter Schweinehund lauthals und verlangt nach Fast Food auf'm Sofa und zwar sofottt...
Aber! - und das lässt mich nicht aufgeben - ich fühle mich allen Anstrengungen zum Trotz sehr viel besser mit meinem neuen Lebenswandel und habe gerade in den letzten Wochen erlebt, dass er sich auch in außergewöhnlichen Situationen wie unserem keineswegs als Tagestrip geplanten Aufenthalt in Venedig mit nachfolgender Einzelhaft im Home Office verwirklichen lässt.
Die schriftliche Dokumentation der letzten Wochen ließ zwar zu wünschen übrig, aber immerhin habe ich bei meinen diversen Ausflügen vor die Tür Fotos gemacht:
Mo, 3Feb2020 - Tag 6 der vierten Woche...
Liebes Tagebuch,
schon so lange her, dass ich Dich vollfabuliert habe... ABER - ich bin nach einigen Höhen und Tiefen noch immer dabei und will es auch bleiben. Ich versuche, in den nächsten Tagen die letzten Wochen ein klein wenig illustriert zusammenzufassen.
Vorher muss ich aber unbedingt noch loswerden, wie grenzenlos verpeilt ich doch bin... Endlich verstehe ich, was die These "Das Abnehmen beginnt im Kopf" tatsächlich bedeutet...
18:45
Ich bin gerade nach Hause gekommen und frühstücke fröhlich. Weil ich nämlich heute früh total verpeilt war. Ich habe meinen Firmenlaptop, die Maus und das Laptopkabel in meinen Rucksack gepackt (normalerweise nehme ich die Sachen nicht mit nach Hause und hatte furchtbar Angst, sie zu vergessen und dann in Schwalbach arbeitsunfähig zu sein). Ersatzlaptöpper haben wir im Moment nicht, weil wir so viele neue Kollegen bekommen haben. Nun ja, den Laptop hatte ich erfolgreich dabei - nicht aber meinen in mühsamer Schnippelarbeit zubereiteten LowCarb-Proviant, sprich Frühstück (Sojamüsli mit Himbeeren) und Mittagessen (verschärfter Käsesalat, sehr lecker) sowie Kleinigkeiten für zwischendurch (Paprikaner, Tomaten...)
Verhungert bin ich dank einer edlen Spende meiner Kollegin nicht - sie macht dasselbe Futterprogramm mit wie ich und hat mir eine Probe kohlehydratfreies Eiweißpulver geschenkt - daraus ließ sich ein tatsächlich genießbares kakaoähnliches Getränk herstellen, das mich über den Tag gerettet hat.
Sa, 18Jan2020 - Tag 12
Ich bin noch gar nicht richtig wach. Mein neues Leben ist anstrengend. Neben meinen drei Jobs Monstersklavin, Melpflegerin und ^^^pharmaflüsterin habe ich viele neue Aufgaben, die in meinen Tag integriert werden müssen. Die hundertausend (nein, ich übertreibe NIEMALZ) Schritte habe ich an Arbeitstagen inzwischen gut untergebracht, das funzt. Aber die Nahrungsbeschaffung und das viele, viele Schnippeln und Kochen machen mich noch ziemlich fertig, insbesondere, weil ich abends oft sehr, sehr hungrig bin, wenn ich nach Hause komme. Dann ist einfach mal ein Brot oder irgendwelches Fertigfutter nicht mehr drin... Diesbezüglich muss ich mein Zeit-Management dringend optimieren, das läuft noch nicht gut. Ich hoffe, dass es irgendwann mit dem Schlafen wieder besser wird, denn an den seltenen ausgeschlafenen Tagen läuft alles sehr viel besser.
Mi, 15Jan2020 - Tag 9
Ein furchtbarer Tag.
Das Einschlafen am späten Dienstag gelang stundenlang überhaupt nicht. Und als ich endlich schlief, träumte ich, dass ein Hubschrauber auf das Fenster, hinter dem ich stand, in terroristischer Absicht (09/11 lässt grüßen) zuraste. Ich wusste, dass mein Leben in Sekundenbruchteilen vorbei sein würde... Kurz vor dem Aufprall dachte ich rückblickend "Es war schön" - das ist der positive Aspekt dieses Traums. Danach war es vorbei.
Immerhin war ich nach dem Weckerklingeln dann doch so lebendig, dass ich auf die Waage steigen konnte. Diese zeigte 1,5 kg mehr als gestern an.
Total erschöpft und niedergeschlagen trabte ich zur S-Bahn und wurde die depressive Stimmung den ganzen Tag über nicht los. Es erschien mir alles so sinnlos...
Mo, 13Jan2020 - Tag 7
12:30
Geht doch, sobald der erste Fuß draußen vor der Tür ist. 4,8 km waren das und ich kann nicht sagen, dass es mir heute an meinem freien Tag keinen Spaß gemacht hätte. Also bis zum Eisernen Steg...
Danach motzten die Muskeln, aber Mel benahm sich, weil ich einfach vorher nicht gefrühstückt hatte und deshalb kein aktives schnellwirkendes Insulin in mir sein Unwesen trieb.
09:00 Uhr
How to cope with 10,000 steps daily - dieser Tip ist so genial, herzlichen Dank an Chris aus Leipzig :-)
Zum Glück habe ich heute frei und seeeeeeeeehr viel Wäsche. Die Spülmaschine arbeitet auch schon fleißig, also bleibt mir nur, die Füße hochzulegen!
So, 12Jan2020 - Tag 6
Abends
hatte ich insgesamt 11399 Schritte geschafft. 4,8 km ungefähr war die Route lang. Den Rest der Schritte verdanke ich der Hausarbeit.
Nachdem ich endlich den Wald geentert hatte, ging es mir gar nicht gut, Mel hatte wieder einmal Spaß daran, mich zu ärgern. Nach dem 2. Saft wurde es glücklicherweise besser und ich fand wieder aus dem finsteren Tann heraus. Es war dann zwar blöd, an der Mörfelder Landstraße entlang zu laufen, aber sinnvoll, denn es dämmerte bereits. Ich lief noch ein bisschen durch den Waldspielpark Louisa. Der Weg von dort aus nach Hause zog sich. Meine Beine waren müde und wollten nicht mehr laufen, aber ich war zu stolz, in die Tram zu steigen.
Der Sonntag verging auf angenehm-gemütliche Weise sehr schnell. Daher war es um 15:30 Uhr höchste Zeit, meine Laufschuhe anzuziehen und ins trübe Grau hinauszugehen. Lust dazu? NOPE. Also einfach mal losgehen...
10:00 Uhr
Low-Carb Sonntagsfrühstück, üppig - 1 EI nfach bei der Zwischenmahlzeit ausgeliehen. dafür habe ich die 10000 Schritte großzügig auf später verschoben und mir zusätzliche Tee-Lichtnahrung gegönnt.
Sa, 11Jan2020 - Tag 5
Nach einer unangenehmen Nacht mit Hustenanfällen und Albträumen schlief ich morgens ziemlich lange. Danach war ich 2 h platt, bevor meine Lebensgeister Kaffee und Frühstück sei Dank wieder erwachten. Endlich konnte ich Schleim abhusten - ein Fortschritt. Einkaufen und Aufräumen inklusive schaffte ich es auch wieder, auf 10000 Schritte zu kommen, weil ich am späteren Nachmittag einen Ausflug zu Fuß auf die Schweizer Straße machte.
Mein neuer Lebenswandel zwingt mich schon zu gewagten Aktionen: Gestern bin ich auf der Jagd nach Low-Carb-geeigneten Lebensmitteln, hier insbesondere Mandelmehl, zum Äußersten geschritten - ich war bei Alnatura. Freiwillig gehe ich da normalerweise nicht rein. Und fand mich dort umzingelt von Horden militanter Veganer, die sich fast schon um ihre hässlichen Pseudowürstchen und den "gesunden"? Fleischersatz kloppten. Auf dem Kassenband befanden sich bei dem einen Weltverbesserer schließlich noch andere unappetitliche Dinge - nicht besonders viel, aber der Typ hat dafür 75 Euronen gelatzt. Ich hingegen schluffte fröhlich mit meinem Mandelmehl nach Hause und überfiel noch schnell Feinkost Albrecht, um mich mit Fleisch, Fisch, Worscht und Kese einzudecken.
Fr, 10Jan2020 - Tag 4
Der Freitag begann ganz freundlich, wenn auch mit zu hohen Blutzuckerwerten. Nach einem langen Monatsgespräch mit meiner Scheffin fühlte ich mich völlig ausgelaugt und war sehr heiser. Mein Hals schmerzte fies, meine Nase explodierte alle paar Minuten und der unproduktive Husten raubte mir den allerletzten Nerv. Diesen blöden Infekt konnte ich nun gar nicht brauchen... da ich zusätzlich fror, verzichtete ich auf Ausgang in der Mittagspause. Stattdessen lief ich zweimal die ca. 2879 Treppenstufen hinunter in unser Warenlager... Endlich wieder zurück in Sachsenhausen ereilte mich im Aldi eine gemeine Unterzuckerung. Ich hatte das Gefühl, dass diese mir die Beine einfach unter dem maladen Kadaver wegziehen wollte. Daher zahlte ich schnell und dopte mich danach mit gezuckerter Fanta, denn so traute ich mich nicht nach Hause.
Meine Hypoglykämien äußern sich seit Beginn meines neuen Lebenswandels ganz anders als zuvor - auch ihre Bekämpfung folgt neuen Regeln. Ich benötige viel weniger Glucose-Input als vorher... Ich denke, die Einstellung meines Zwangsgatten muss sich diesbezüglich noch viel besser anpassen. Bis dahin gilt Learning by Suffering.
Endlich zu Hause angekommen fiel ich nur noch auf's Sofa und schlief auf der Stelle ein. Krank/fertig/AUS.
Do, 09Jan2020 - Tag 3
Heute war ich immerhin wieder in der Lage, zur Arbeit zu fahren. Mel, mein blöder Zwangsgatte, unterhält mich nach wie vor mit seltsamen Kapriolen. Heute bevorzugt er allerdings die höheren Werte, die aus dem Nichts zu entstehen scheinen. Ich reagierte angemessen, wenn auch vorsichtig mit Insulin darauf, verzehrte erst ziemlich spät Skyr mit dem täglich zu konsumierenden Proteinpamp und ein paar Blaubeeren als Frühstück; Stunden später den sehr leckeren Brokkoli-Putensteak-Salat. Snacks zwischendurch brauchte ich heute nicht viele, denn bei hohen Blutzuckerwerten vergeht mir der Appetit. Sicher ein sehr effizienter Weg zur Gewichtsreduktion, aber eben ganz und gar nicht gesund. Ich hoffe, dass ich mich bald an diese Ernährungsumstellung gewöhnen und das Insulin entsprechend anpassen kann. Diese Versuch-und-noch-mehr-Irrtümer-Phase nervt extrem.
Meine neue Schrittzähler-Uhr behauptet, dass mein Weg zum Südbahnhof aus weitaus weniger Schritten besteht als die andere Uhr behauptet. Ich werde heute Abend noch einiges zusammenlaufen müssen, denn bei dem absoluten Sch***-Wetter heute bin ich mittags nicht raus gegangen, zumal ich schon wieder friere und noch immer grässlich verrotzt bin.
Immer noch viel Luft nach oben - aber Aufgeben is nich!
Inzwischen habe ich meinen Schweinehund ausgeführt. Eine halbe Rosistenrunde andersrum, denn ich bin in Frankfurt-Louisa ausgestiegen, weil ich unbedingt mal eine andere Strecke ausprobieren wollte. Wäre diese nicht gerade ein Schleichweg, hätte es schön dunkel, lauschig und einsam sein können...
Mi, 08Jan2020 - Tag 2
Total gerädert verließ ich um 05:30 Uhr mein Bett, fütterte meine über Verhungerung und Verwahrlosung klagenden Kater und beschloss, noch vor dem ersten Eimer Kaffee mein Gewicht zu überprüfen.
Wow - 1,8 kg weniger als gestern... Unglaublich! Angesichts der vielen gestrigen Pinkelpausen habe ich wohl sehr viel Wasser verloren. Aber immerhin :-)
Beim Zubereiten meiner Unterwegs-Mahlzeiten wurde es mir plötzlich schwarz vor den Augen. Kreislauf...?
Nope. Mein kleiner Freund (das mit einem Blutzuckersensor gekoppelte Messgerät) meldete aufgeregt einen hypoglykämischen Alarm. MistMistMist, ich MUSSTE dringend Kohlehydrate zu mir nehmen. Nach 50 g KH!!! erreichte ich gerade mal einen Wert von 60 mg/dl. Sehen konnte ich wieder richtig, aber meine Beine waren total kraftlos. So konnte ich weder Schritte absolvieren noch anschließend zur Arbeit fahren, daher verschob ich meinen Abgang und nahm zur Abwechslung ein sehr großes Glas Saft zu mir. Es ging mir trotzdem weiterhin sehr schlecht. Nach einer weiteren Stunde frustraner Versuche, meinen Blutzucker wieder in einen halbwegs normalen Bereich zu bringen, meldete ich mich krank...
Offensichtlich habe ich es gestern geschafft, durch almost no carb und sehr viel Bewegung sämtliche Kohlenhydratspeicher in den Muskeln zu leeren, die jetzt wieder aufgefüllt werden wollen.
Was für eine Niederlage.
Später stabilisierte sich mein Blutzucker auf halbwegs ordentliche Werte, so dass ich mich aus dem Haus traute und mit meinen total schlappen Beinen ca. 4800 Schritte lief (einmal um die Rosistengärten). Eine nette kleine Runde, wobei das Wetter freundlicher hätte sein können. Es nieselte hässlich. Danach war ich total fertig und schlief in meinem Schreibtischsessel ein, so dass ich mich und die noch immer sehr lästige Erkältung ins Bett legte und warm zudeckte. Meine beiden Piratenkater bewachten meinen langen Schlaf... Danach raffte ich mich nochmals auf und lief eine kleine Runde um den Block, wobei meine Uhr keinen der mühsamen Schritte aufgezeichnet hatte. So lahme Beine hatte ich schon lange nicht mehr... und auch nicht so viel Durst. Dieser hing, wie ich heute gelesen habe, mit dem verstärkten Eiweißkonsum zusammen.
Das Highlight dieses trüben Tages war das Abendessen - drei Puten-Ministeaks und ganz viel Brokkoli. Superlecker und vor allem schön heiß. Ich hatte extra mehr Brokkoli gekocht und Ministeaks gebraten und bastelte daraus vor dem Schlafengehen mit etwas Skyr, Brokkoli-Kochwasser, Chilisalz, Pfeffer und Zitronensaft einen Salat für das Mittagessen am dritten und letzten Proteintag. Und fiel total erschöpft ins Bett, in dem ich wiederum kaum schlief.
Fazit dieses scheußlichen Tages: Da ist noch viel Luft nach oben...
Di, 07Jan2020 - Tag 1
Hell's Point has begun!
Für diese dreiste Verunglimpfung von Healthpointe (nein, bisher noch keine Pointe im eigentlichen Sinne - das Programm heißt nun einmal so) kann ich nichts, das war Ines' gute Idee. Hell's Point, mein Schmelztiegel. Möge das Fett meinen viel zu dicken Körper in einem steten Strom verlassen, auf dass viele, viele Muskeln zurückbleiben. Vorausgesetzt natürlich, dass ich die 10000 Schritte/Tag schaffe...
Es liegt einiges vor mir. Glücklicherweise ist die Beklommenheit der letzten Tage verschwunden. Zwar habe ich noch keine Ahnung, wie sich die neue Ernährungsform (Low Carb) und insbesondere die drei initialen Proteintage mit meinem Zwangsgatten Mel vereinbaren lassen. Es wäre zu ärgerlich, wenn mich der blöde Typ (1 Diabetes) mit Unterzuckerungen dazu zwingen würde, die Proteintage, die der Leerung der Kohlenhydratspeicher dienen, ad absurdum zu führen.
Aber ich mache das jetzt einfach, ziehe diese Ernährungsumstellung irgendwie durch. Diese Herangehensweise mit Versuch und Irrtum, Learning by Doing/Suffering ist mir vertraut und war in der Vergangenheit zumeist von Erfolg gekrönt.
Gurke und Ei sollte es zum Frühstück geben. Da Gurke mein absoluter Erzfeind ist, habe ich gleich improvisiert und einen halben unschuldigen Zucchino geraspelt und das gekochte Ei in Tateinheit mit Chilisalz, ein wenig Zitronensaft, frischem Oregano und Schnittlauch hinzugefügt und durchziehen lassen, bis ich im Büro war. Ungewöhnliches Frühstück, aber lecker.
09:55
Magen an PM:
Der Appetizer war ja ganz lecker, aber wo bleiben meine zwei Brötchen?
PM an Magen:
Friss diese Käsewürfelchen! Stündliche Minisnacks bis zum Mittagessen!
Magen (knurrig) an PM:
WTF?
11:20, diverse fettarme Käsewürfelchen später
Mel zeigt mir seinen Stinkefinger, indem er meinen Blutzucker trotz einer vorsichtigen Insulingabe zwischendurch kontinuierlich steigen lässt. Einerseits könnte das Frühstück (Umwandlung von Proteinen in Glucose) dafür verantwortlich sein, andererseits aber auch die prophylaktische Verringerung der Basaldosis. Oder die gemeine Erkältung, ganz bestimmt aber die relative Mondfeuchte.
Mein Magen brummelt vor sich hin.
Mittagspause - 3400 Schritte.
Das Essen habe ich auf später verschoben, weil der Blutzucker noch immer zu hoch ist und ich im Moment auch keinen Hunger habe, weil ich mich am Licht sattgegessen habe :-)
MistMistMist, nun musste ich doch einige Kohlehydrate zu mir nehmen... das ist richtig dumm gelaufen. Die schnellen 3400 Schritte unterstützten natürlich das zur Korrektur gespritzte Insulin in seiner Wirkung. Nach dem strammen Marsch zeigte mein Blutzuckerlesegerät einen zu guten Wert und einen bedrohlichen Pfeil in den Abgrund. Obendrein verwickelte mich QA in eine Diskussion und eine wichtige Telefonkonferenz mit unserem Kunden Amipharma stand kurz bevor. Also blieb mir nichts anderes übrig, als 330 ml Fanta in mich hineinzukippen, denn ich wollte keine fiese Hypo während der TC mit Frau Amipharma riskieren, zumal ich nicht abschätzen konnte, wie lange diese dauern würde.
Danach war der Blutzucker wiederum zu hoch - es hätte auch weniger Fanta gereicht. Hinterher ist frau immer klüger...
Die noch fehlenden Schritte bin ich nach Feierabend erfolgreich gegangen. Nachdem sich obendrein die Herausforderung, neben meinen No Carb Pilzen mit Schafkäse zusätzlich eine "normale" Mahlzeit für meinen hereingeschneiten Filius zu kochen, meistern ließ, bin ich nach noch ein bisschen Haushalt erschöpft in meinem Bett verschwunden. Tag 1 habe ich schon einmal geschafft und mich darüber sehr gefreut. Geschlafen habe ich trotzdem nur sehr bescheiden...
Prolog
Fr, 03Jan2020
Fitness-Tracker, Low Carb, voll der Hype für fast jeden. Fast - ich habe mich bis vor kurzem diesem in meinen Augen neumodischen Bullshit widersetzt. Younger than ever - Quark. Ich bin so alt wie ich will und mein inzwischen erhebliches Übergewicht ist meins, jawull. Mit Mitte Fuffzig knarzen die Gelenke nun einmal unwillig, sie schmerzen und der Gesamtkadaver ist den Gesetzen der Massenträgheit unterworfen. Damit lebte es sich sehr bequem. Vor allem mit dem selbst(gerechten) Trotz.
Wobei Tristan Trotz nicht die einzige Stimme ist, die ich in mir höre. Andere, vor allem Vera Nunft, erinnern sich noch gern an die Zeiten, in denen ich schlank und sportlich war, bis ich das in meiner Maßlosigkeit übertrieben hatte und im Herbst 2006 gar nicht mehr laufen konnte. Das war der Anfang vom Ende...
E. M. Pathie mit ihrer leisen, aber sehr klaren Stimme schaffte es schließlich, sich gegen Tristan T. zu behaupten. Sie wusste, warum ich meinte, ohne meine Seelentröster Kuchen, Schokolade und Eis nicht leben zu können. Die belesene Vera warf die Tatsache, dass mein lebensnotwendiges Insulin seine Mastkompetenz wohl kaum meinetwegen ablegen würde, in die Diskussion. Kurz und gut - die Mehrheit der Stimmen in mir beschloss, die schlechten alten Ernährungsgewohnheiten über Bord zu werfen und meine Beweglichkeit wiederherzustellen. Darum nehme ich Tristan und allen meinen Vorbehalten zum Trotz an einer gesunden Ernährungsumstellung mit sehr viel moderatem Sport (schnellem Gehen) und Online-Coaching teil - mit dem Ziel, viel Gewicht zu verlieren und endlich wieder fit und vor allem beweglich zu werden. In den letzten Jahren war mein Diabetes immer gut eingestellt, allerdings habe ich dazu viel zu viel Insulin gebraucht, das leider die schlechte Begleiterscheinung hat, dass es "hilft", Körperfettdepots anzulegen.
Meine sämtlichen Versuche, das in Eigenregie hinzukriegen, sind in den letzten Jahren gescheitert, so dass ich es aus Frust aufgegeben und kontinuierlich zugenommen hatte, während ich mich immer schlechter bewegen konnte. So wollte ich nicht weiterleben...
Mein Schweinehund ist nach wie vor ein sehr großer. Darum wehre ich mich gegen ihn, indem ich mich der Online-Gruppe Healthpointe angeschlossen habe und meinen "Lebenswandel" publik mache.